Auf ein Wort
Einige Gedanken zum Monatsspruch für November 2021
Sehnlich warteten die Menschen zur Zeit des Paulus auf die Wiederkunft Christi. Das ist nun schon 2.000 Jahre her. Wir warten noch immer. Oder auch nicht. Viele Menschen haben das Warten aufgeben. Jedenfalls das Warten auf Jesus Christus. Nichts ist passiert. Oder doch?
Worauf warten wir? Wir warten immer auf etwas. Leben ist Warten, könnte man sagen. Denn manche Menschen kommen da ihr Leben lang nicht raus. Manche kommen nie da an, wohin sie immer schon wollten. Das ist traurig.
Und wenn dann doch etwas passiert, dann kommt es meistens ganz anders als gedacht. Die Realität hält selten, was uns die Hoffnung versprochen hat. Aber kommt es gar so wie erwartet, sagen wir mal, wirklich ganz genau so, dann ist es auch schon wieder irgendwie langweilig und bleibt so doch hinter der Erwartung zurück. Ist das mit Christus auch so? Am Ende wieder eine Enttäuschung? Ich denke nein.
Warten. Wenn wir auf jemanden warten, sind wir ganz erfüllt vom Bild des Menschen, dessen Ankunft wir ersehnen. In diesem Jahr fällt der Erste Advent, wer hätte das gedacht, noch in den Erscheinungszeitraum dieses Gemeindebriefs. Wieder einmal vier Wochen Zeit, das Warten zu üben. Einmal anders gesagt: bedeutet Advent, offen zu sein für das Unerwartete? Wie geht das? Kann man sich darin üben?
Paulus bittet den Herrn, dass er unsere Herzen ausrichten möge, ausrichten wie einen Blick, der sonst in die falsche Richtung ginge. Und interessanterweise steht das Warten nicht allein. Beim Lesen des Satzes blicken wir zuerst auf etwas anderes. Da ist gar nicht das Loch des Wartens, in dem das ganze Leben nach und nach verschwindet. Schau dich doch mal um! Schau doch mal hierhin! Liebe. Auf die Liebe Gottes sollen wir ausgerichtet sein. Dadurch bekommt das Warten eine Richtung, einen Sinn. Und am Ende ist die Liebe Gottes dasselbe wie das Warten auf Christus? Auf Christus zu warten und zu hoffen bedeutet, die Liebe Gottes zu spüren, bedeutet vielleicht gar, diese Liebe durch unser Leben hindurch für andere spürbar werden zu lassen.
Ihr Martin Röttger, Pfarrer