Die Antependien der Textilkünstlerin Margot Mannewitz aus der Petrikirche
Jedes Jahr zu Ostern schmückte ein ganz besonderes Antependium den Altar der Petrikirche. Es fällt auf durch seine Breite von fast 2 Metern und seine symbolträchtige, beinahe geheimnisvolle Darstellung. Schon vor Ostern erwartete man diesen besonderen Anblick auf den Altar.
Foto von Ursula Hoffmann
In der Mitte das Christusmonogramm XP, mit Alpha und Omega, seitlich jeweils eine Engelsfigur, die einen Teller mit Hostie (links) bzw. einen Kelch (rechts) dem Christusmonogramm entgegen hält. Kunsthandwerklich gefertigt auf Leinen mit Stickerei, Stoffapplikationen und Perlen.
Dieses große Antependium lässt für sich allein keine Rückschlüsse auf seine Herkunft zu. Es ist nicht gekennzeichnet, weder mit Monogramm, noch mit Jahreszahl. Umso bedeutsamer ist der Vergleich mit den beiden schmalen Kanzelantependien mit verschieden gestalteten Kreuzen.
Kanzelantependium von 1953:
Rot-grünes Kreuz, auf der Rückseite aufgestickt: Zeichen und Monogramm für Margot Mannewitz, Jahreszahl „1953“.
Foto von Dr. Ulrich Althöfer
Kanzelantependium von 1955:
Kreuz mit Korpus, vier kleine rote Kreuze symmetrisch am Stamm des Kreuzes, Rückseite mit Zeichen und Monogramm für Margot Mannewitz, Jahreszahl „1955“.
Die ähnliche Gestaltung aller drei Antependien mit Stickerei, teils mit Stoffapplikationen und Perlen auf Leinen, lässt den Schluss zu, dass sie alle von der Textilkünstlerin Margot Mannewitz angefertigt wurden. Die Auswertung eines alten Fotos aus der Mitte der 1950er Jahre belegt eindeutig, dass das große Antependium noch vor der großen Umgestaltung des Altarraums 1956 geschaffen wurde.
Alle drei Antependien, insbesondere aber das große, gelten als für ihre Zeit bemerkenswerte, ungewöhnliche Arbeiten!
Das Altarantependium ist aber weit mehr als ein außergewöhnliches Kunstwerk. Es markiert einen Wendepunkt.
Dem theologischen Verständnis der Zeit entsprechend hatte die Petrikirche ursprünglich zur Zeit der Weihe 1903 einen Kanzelaltar (Kanzel über dem Altar) mit einer repräsentativen Freitreppe. So war sie als Predigtkirche konzipiert. Von zentraler Bedeutung im Gottesdienst war die Predigt.
Nach den Wirren und Verirrungen im Nationalsozialismus – auch in der ev. Kirchengemeinde Wiemelhausen – hatte dann das gesprochene Wort an Bedeutung verloren.
Man besann sich auf die besondere Bedeutung des Abendmahls, das als Sakrament am Altar gefeiert wird.
Dementsprechend wurde sukzessive der Innenraum, insbesondere der Altarraum, verändert. Man versetzte die Kanzel an einen niedrigen Platz, noch unterhalb vom Altar. Sie wurde gleichsam geerdet. Zentral im Altarraum gelegen war jetzt nur noch der Altar. 1956 wurde die Umgestaltung abgeschlossen. Aus der ursprünglichen Predigtkirche war eine Sakramentskirche mit einem neuen Mittelgang entstanden.
Und so steht das Altarantependium in direktem Zusammenhang mit diesem theologischen Wendepunkt. Es lenkt den Blick der Gemeindeglieder immer wieder auf das Zentrum des Gottesdienstes: Das Abendmahl.
Es ist möglich, dass dieses aufwändig gestaltete Antependium nicht nur zu Ostern, sondern zu beiden Christusfesten, Ostern und Weihnachten aufgelegt wurde. Einem alten Foto entsprechend, war es auch zum Erntedankfest im Gebrauch.
Auf Bitte des Presbyteriums werden nun alle drei Antependien vorübergehend im Landeskirchlichen Archiv in Bielefeld eingelagert, bis ein angemessener neuer Platz in unserer Gemeinde dafür gefunden ist.
Wir danken Herrn Dr. Althöfer, dass er unseren Wunsch unterstützt hat.
(Quelle: Dr. Ulrich Althöfer, Ev. Kirchengemeinde Bochum-Wiemelhausen, Petrikirche Bochum, Inventarisation des Kirchlichen Kunstgutes, 2013; 76 Seiten)
Lesen Sie hierzu auch die Predigt von Pfarrer Röttger vom 18.08.2019, hier auf unserer Internetseite über diesen Link.
Gertrud Wegner