Ich verabschiede mich – der Versuch einer Antwort

Aus dem Presbyterium

01.06.2022

Lieber Holger,

eben weil nichts „unter den Tisch fallen“ soll, ruft dein Beitrag, mit dem du dich in der letzten Ausgabe aus dem Presbyterium verabschiedet hast, nach einer Antwort.

Auch ich wünsche mir eine starke, selbstbewusste, geeinte, weltoffene und verbindliche Kirchengemeinde Bochum Wiemelhausen. Wenn du nun von „Individualisten“ sprichst, die ihre Arbeit gar „von anderen Gemeindeteilen oder der Gesamtgemeinde abgrenzen wollen“, frage ich mich, wen du damit meinst? Du selbst hast dich für bestimmte Arbeitsbereiche persönlich stark engagiert. Menschen, die sich als Individuen mit viel Energie und Herzblut in das Leben der Gemeinde einbringen, sind der Motor innovativer Prozesse. Kann es sein, dass ich dich seinerzeit gerade deshalb für das Presbyteramt vorgeschlagen habe? Die Frage ist: Wie kann es Gemeindeleitung gelingen, dieses Potential zu erhalten und zu fördern?

Lass mich vor diesem Hintergrund als gemeindlicher Ansprechpartner und Mitverantwortlicher einige Worte zum Kulturraum Melanchthonkirche und zur Mittagskirche sagen. Beide Formate gehören für mich, von haupt- und ehrenamtlicher Arbeit getragen, zu den Arbeitsfeldern unserer Gemeinde, in denen seit vielen Jahren immer wieder Grenzen überschritten und Neues gewagt worden ist. Sie haben trotz und in ihrer Verortung an der Melanchthonkirche eine Ausstrahlung in die ganze Gemeinde. Menschen in beiden Bezirken unserer Gemeinde wissen sich in der Melanchthonkirche willkommen, wissen die dortige Arbeit zu schätzen und nutzen die Angebote. Die Veranstaltungen sind Orte der Begegnung – innergemeindlich und weit darüber hinaus. Vielfalt spiegelt sich darin, dass wir ein Fingerspitzengefühl für die Möglichkeiten und die Ausstrahlung der zur Verfügung stehenden Räume entwickeln.

Um dies zu erproben, habe ich im vergangenen Sommer parallel zur Ausstellung in der Melanchthonkirche eine Ausstellung im Baumhofzentrum konzipiert und durchgeführt. Ich möchte, dass es uns gelingt, Melanchthonkirche und Baumhofzentrum als Orte lebendiger Begegnung zu akzentuieren und zum Leuchten zu bringen und wenn irgend möglich, auch in den notwendigen Veränderungen als solche zu erhalten. Ich bin davon überzeugt, dass die Gemeinde, dass der Stadtteil solche Orte kultureller und spiritueller Ausstrahlung braucht.

Die A-Stelle unseres Kantors Ludwig Kaiser ist in ihrer Ausfaltung zwischen Gottesdienst, Mittagskirche, Chorarbeit und Konzerttätigkeit auf die Melanchthonkirche hin konzipiert und prägt diesen Standort. Sie lässt in der von uns an diesem Ort so gewollten Fülle keinen Spielraum für eine systematische Ausweitung auf andere Orte. Ludwig Kaiser und ich hatten allerdings bereits 2020 einen gemeinsamen Pfingstgottesdienst im Baumhofzentrum vorgesehen, der leider der Pandemie zum Opfer gefallen ist und wir planen im Rahmen des neuen Konfikonzepts im Herbst einen Workshop im Baumhofzentrum. Da wird Ludwig Kaiser der kleinen Orgel am Baumhofzentrum ganz ungewohnte Töne entlocken. Ich freu mich drauf.

Wichtiger ist dies: In den wöchentlichen Dienstbesprechungen, im Gottesdienst- und im Kulturausschuss und im Presbyterium sind wir auf dem Wege, die Vielfalt kirchlicher Orte in unserer Gemeinde verantwortungsvoll zu gestalten. An diesem Prozess sind beide Kirchenmusiker beteiligt. Darum denke ich, dass wir auf einem guten Weg sind.

Der Leitung unserer Gemeinde wünsche ich weiterhin einen genauen und wertschätzenden Blick auf die Entwicklungsprozesse unserer Gemeinde. Ich danke für dein Engagement, für Denkanstöße und Impulse, die du über alle die Jahre unserer Arbeit gegeben hast und wünsche dir von Herzen alles Gute an deinem neuen Lebensort.

Dein Martin Röttger