Bochum 700 Jahre Stadtrechte und Wiemelhausen

Aus der Gemeinde

26.05.2021

Als Graf Engelbert II. anno 1321 Bochum die Stadtrechte bestätigte, war Wiemelhausen „schon dabei“, denn nur knapp 70 Jahre später wird Huge von Wymelhusen urkundlich bei einer Grundstückssache vor dem Bochumer Freigrafen als Zeuge genannt. Am Standort des letzten Gebäudes vom Wymelhus – dem Namensgeber der späteren Gemarkung Wiemelhausen – wurde das Bomin-Haus gebaut (Bundesknappschaft).

Unweit vom Wymelhus befand sich der Hof Ostermann. Diese Familie stellte für Bochum Advokaten, Richter, Bürgermeister und Pfarrer. So war Pfarrer Johann Ostermann maßgeblich an der Errichtung der Pauluskirche ab 1655, dem ersten evangelischen Gotteshaus der Stadt beteiligt. Vorher hatten sich nach der Reformation Katholiken und Protestanten die Propsteikirche -nicht immer einvernehmlich- geteilt. Hervorzuheben ist Graf Heinrich Johann Friederich Ostermann. Er hat in Russland unter Peter dem Großen und 3 weiteren Zaren gedient und es als Jurist bis zum Vizekanzler und Premierminister gebracht.

An Graf Ostermann erinnern die Ostermannstraße in Wiemelhausen, parallel zur Königsallee sowie ein Gedenkstein vor der früheren Villa Gröppel, die jetzt als Hospiz im Bochumer Süden genutzt wird. Besondere Bedeutung für Bochum und Wiemelhausen hat aus meiner Sicht die Familie von Schell. Seit ca. 1515 im Haus Rechen ansässig, das als „Villa Hreni“ vor über 1000 Jahren urkundlich erwähnt wird. Otto von Schell veräußerte Teile seines Grundbesitzes ab 1898 an den Architekten Clemens Erlemann, der das restliche Gelände dann 1904 – dem Jahr der Eingemeindung von „Wiemelhansen“ – erwerben und das Ehrenfeld zum bevorzugten Wohngebiet ausbauen konnte. Es entstanden u. a. das Schauspielhaus und die Königsallee mit zwei Kirchen. Weil Georg von Schell zur Reformationszeit in Wittenberg studiert hat, wurde der Name Melanchthonkirche gewählt. Grabplatten und Grabsteine der Familie von Schell befinden sich an der Kirche.

Ein Gedenkstein für Pfarrer Althüser, dem Gründer unserer Kirchengemeinde Wiemelhausen, vervollständigt diesen historischen Platz. In der Schellstraße nebenan wurde Peter Scholl-Latour geboren, der über 30 Bücher geschrieben hat und überwiegend im Ausland wirkte.
Auch die Familie Grönemeyer wohnte in Wiemelhausen und brachte mit dem Sänger Herbert und Prof. Dietrich Grönemeyer als Arzt besondere Pesönlichkeiten hervor. Beide wuchsen im Ehrenfeld auf. Herbert Grönemeyer war Pianist am Schauspielhaus Bochum und leitete die Theaterband bevor er durch den Film „Das Boot“ bekannt sowie als Sänger mit besonderer Stimme in aller Welt berühmt wurde. Er hat mit seinen Alben: u. A. 4630 oder Mensch immer an der Spitze der Rangliste in Deutschland gelegen und davon viele Mio. verkauft. Lieder, wie Bochum, Currywust oder Männer werden gern gehört. Prof. Dietrich Grönemeyer zählt zu den renommiertesten Medizinern auf dem Gebiet der Mikrotherapie. Er war Lehrstuhlinhaber an der Uni Witten/Herbede, ist Buchautor und leitet die Grönemeyer-Institute. In Bochum liegt der Schwerpunkt der Behandlungen bei „Rücken“!

Zwei Politiker aus Wiemelhausen sind noch zu erwähnen. Dort geboren, aufgewachsen, Abitur an der Graf-Engelbert-Schule (GES), übrigens der einzigen vollwertigen MINT-EC-Schule in Bochum: ausgezeichnet als Mathematisch-Naturwissenschaftliches Excellence-Center. Otto Schily (geb. 1932) war Rechtsanwalt und Mitbegründer der Partei „Die Grünen“, wechselte zur SPD und fungierte 7 Jahre als Bundesminister des Innern mit zum Teil umstrittenen politischen Ansichten. Als weiterer streitbarer ehemaliger SPD-Politiker aus Wiemelhausen ist Wolfgang Clement (1940–2020) zu nennen. W. Clement wechselte aus der Journalistik in die Politik und arbeitete sich in NRW vom Chef der Staatskanzlei und Landes-Wirtschaftminister bis ins Amt des Minister-Präsidenten hoch. Sein letztes politisches Amt (3 Jahre): Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit. 2008 folgte der SPD-Austritt und Arbeit in verschiedenen Firmen. Wolfgang Clement galt auch als humorvoller Geist. Eine seiner zahlreichen Ehrungen: Eselsordensträger in Wesel. Das waren bedeutende Männer für Bochum aus Wiemelhausen.


Besondere Bochumer Frauen folgen im nächsten Gemeindebrief!
Reinhard Gülle

Buchempfehlung :
Bochum für Klugscheißer von Dr. Dietmar Bleidick im Verlag Klartext