Wege einer Partnerschaft – Teil 2
Die Partnerschaft im zweigeteilten Deutschland –
nach der Wiedervereinigung
Kurz nach der Wiedervereinigung im Oktober 1990 kam erstmalig eine Delegation aus Miersdorf zu uns. Ich erinnere mich noch, wie Pfr. Behrendt im Paul-Gerhardt-Haus mit seinen Gemeindemitgliedern das kurz zuvor eingeübte Brandenburglied anstimmte.
Aus Anlass dieses Treffen haben wir selbstverständlich die Frage diskutiert, wie es mit der Partnerschaft weiter gehen sollte. Allen war klar, dass die „Geschäftsgrundlage“ von 1985 weggefallen war. Andererseits war mit dem Fall der Mauer und der Erlangung der staatlichen Einheit in Deutschland noch nicht „zusammengewachsen, was zusammengehört“. Wir kamen überein, die Partnerschaft auch unter den veränderten Rahmenbedingungen fortzusetzen. Dabei verzichteten wir bewußt auf die Abfassung eines förmlichen Vertrages. Wir wollten uns zwar weiterhin als christliche Gemeinden in Deutschland begleiten, jedoch keine Urkunde aufsetzen, aus der Rechte oder Pflichten abgeleitet werden konnten. Insbesondere wollte und konnte die Petrigemeinde keine finanziellen Verpflichtungen eingehen. (Lediglich anlässlich der Erneuerung des Daches der Kirche in Miersdorf stellte die Petrigemeinde 5.000,00 DM zur Verfügung. Kleinere Zuwendungen gab es selbstverständlich auch in den späteren Jahren. Die Miersdorfer Gemeinde legte eine namhafte Kollekte zur Unterstützung der Arbeit des Bochumer Hauses in Donezk zusammen.)
Auch in den Folgejahren gab es jährlich etwa eine persönliche Begegnung. Entweder waren es Besuche in der Gemeinde oder gemeinsame Wochenenden, z. B. in Helmstedt, Wernigerode oder Naumburg. Das Interesse ließ um die Mitte der neunziger Jahre deutlich nach und nahm ab etwa 2000 für einige Jahre wieder etwas zu. Deshalb hatten wir die Rüstzeiten unserer Partnergemeinde verstärkt für die persönlichen Begegnungen genutzt. Selbstverständlich fanden auch die Besuche in den Partnergemeinden statt. So waren Delegationen von etwa 12 bis 15 Gemeindemitgliedern zur Verabschiedung von Pfr. Behrendt in Miersdorf und von Pfr. Grabski in Bochum. Im Oktober 2002 war anlässlich einer Freizeit der Petrigemeinde, die uns nach Berlin und auch in den Spreewald geführt hatte, eine Gruppe von über 40 Gemeindemitgliedern aus Bochum für einige Stunden in Miersdorf im Gemeindehaus zu Gast. Dabei wurde auch die Kirche mit der bekannten Marienfigur besichtigt.
Gerade die gemeinsamen Rüstzeiten in Wernigerode und im Jahre 2007 in Naumburg haben uns deutlich gemacht, wie sehr sich unsere Probleme angenähert haben. Dabei sind uns unsere Partner in Miersdorf im Hinblick auf den Personalabbau immer noch weit voraus. (So steht die jetzige Pfarrerin Leu der Miersdorfer Kirchengemeinde nur zu einem Drittel zur Verfügung, alle anderen Arbeiten werden ehrenamtlich – allenfalls gegen Aufwandsentschädigung – geleistet.)
Auf unserer letzten gemeinsamen Rüstzeit in Naumburg, an der 12 Bochumer teilnahmen, äußerten einige Gemeindemitglieder aus Miersdorf den Wunsch, wieder einmal nach Bochum zu kommen. Nachdem wir uns untereinander kurz beraten hatten, sprachen wir die Einladung nach Bochum aus. 17 Gemeindemitglieder aus Zeuthen-Miersdorf waren vom 17. bis zum 19. 10. 2008 zu Gast in Bochum. Zahlreiche Gemeindeglieder der Petrigemeinde hatten spontan die Bereitschaft bekundet, an der Vorbereitung des Treffens mit den Zeuthenern mitzuarbeiten oder sich auf andere Weise daran zu beteiligen. Ich selbst sehe es als ein Geschenk Gottes an, dass diese Partnerschaft so lange bestanden hat. Anfang der achtziger Jahre hat es im Kirchenkreis Bochum nach meinen Informationen vier oder fünf Partnerschaften zu Gemeinden in der ehemaligen DDR gegeben. Die Partnerschaft der Petrigemeinde mit der Gemeinde in Miersdorf hat wohl am längsten gedauert. (Herr Böther hat die einzelnen Beschlüsse des Presbyteriums unserer Gemeinde zur Partnerschaft mit der Kirchengemeinde Miersdorf in Zeuthen aus den Jahren 1983 bis 1990 zusammengestellt.)
Etwa seit der Jahrtausendwende ist eine deutliche Annäherung unserer Probleme erkennbar geworden. Die Kirchengemeinde Miersdorf hatte – wie bereits dargelegt – früher eine volle Pfarrstelle. Seit vielen Jahren teilt sie sich diese mit zwei anderen Gemeinden (Eichwalde und Schmöckwitz). Vor etwa 10 Jahren hat sie einen Kindergarten errichtet, der sehr gut angenommen wird. Im Übrigen machen sinkende Mitgliederzahlen und sinkende Einnahmen auch der Kirchengemeinde Miersdorf zu schaffen. Vor etwa 40 Jahren hätte niemand von einer solchen Entwicklung – im negativen wie im positiven Sinne – zu träumen gewagt. Dafür sollten wir trotz aller gegenwärtigen Schwierigkeiten dankbar sein.
Eckhard Knoblauch