Sechs Monate in Malawai – Ein Inteview

Digitales

05.05.2020

Zion Park (ZP) und Oscar Tomao (OT) sind seit Ende März nach sechs Monaten in Nkhoma (Malawi) wieder zurück in Deutschland. Im folgenden mehrteiligen Interview erzählen sie von Ihren Erfahrungen:

(Redaktion): Herzlich willkommen wieder zu Hause! Mich würde als erstes eure Motivation interessieren. Was hat euch dazu bewegt, nach dem Abi direkt für sechs Monate nach Malawi zu gehen?

(ZP): Natürlich war es gut zu wissen, dass die Möglichkeit überhaupt da ist, dass ich das überhaupt machen kann. Das ging über meine Mutter (Anm. d. Red.: Frau Seon-Hee Lee), und ich hatte sowieso überlegt, dass ich gerne nach dem Abi ein Auslandsjahr oder –halbjahr machen möchte. Gemeinsam mit Oskar bin ich auch zu Messen gegangen und wir haben uns darüber informiert, wie wir ein Auslandsjahr machen können. Aber da meine Mutter schon eine Organisation hat, wo wir sowas eventuell machen könnten, haben wir sie einfach gefragt.

(Red.): Also waren es die Kontakte deiner Mutter nach Malwi, die den Wunsch bei dir konkretisiert haben?

(ZP): Genau und ich war ja auch schon mal dort. Deswegen habe ich mich schon danach gesehnt, nochmals dahin zu fliegen und einfach noch mal alles in einer anderen Perspektive zu sehen. Als ich dort war, war ich 10 und jetzt mit 19 …

(Red.): … ah, du konntest also erleben, was sich da in den letzten 10 Jahren entwickelt hat. Als Kind nimmt man das ja noch völlig anders wahr; und so als erwachsener Mensch sieht man natürlich ganz viel und hat eine andere Perspektive und einen anderen Horizont auf die Sache. Spannend! Oskar wie war es bei dir?

(OT): Also bei mir war es ähnlich. Ich hatte schon Pläne, nach dem Abi ins Ausland zu gehen seit der 8. Oder 10. Klasse, oder so, und, wie Zion schon erzählt hat, haben wir uns in der Endphase des Abiturs schon umgeguckt auf irgendwelchen Messen, was man da so machen kann. Auf diesen Messen stellen verschiedene Organisationen ihre Programme oder Projekte dar, wo man sich bewerben kann. Dort wird der Aufenthalt meist auch noch ein bisschen mitfinanziert, so quasi wie ein Stipendium, oder im freiwilligen-sozialen bzw. freiwilligen-ökologischen Bereich. Aber dadurch, dass wir in der Schule gute Freunde waren, hat sich das dann so ergeben.  

(Red.): Okay, ich will jetzt ein bisschen mit euch auf die Reise gehen. Ihr hattet das Abi hinter euch, das ist ja ganz großes Gefühl, man ist mit der Schule fertig, frei … und dann habt ihr euch quasi in die Vorbereitungen für Malawi gestürzt. Wie seid ihr das angegangen?

(ZP): Man muss sagen, dass wir auf jeden Fall das Glück hatten, dass es schon ein Team gab, das schon mehrmals dort war und wir konnten uns gut mit dem Team vorbereiten. Die haben uns erklärt, was man da machen kann, oder worauf man aufpassen muss. In der Vorbereitungszeit haben wir uns ein paar Mal mit dem Alinafe-Team getroffen und uns vorbereitet.

(OT): Also ich würde auch sagen, dass die Vorbereitung eigentlich ziemlich gut war mit dem Alinafe-Team, da die ihre Erfahrungen mit uns teilen konnten und wir dann wussten, worauf wir achten sollen. Das war wirklich gut. Aber an sich habe ich mich zu Hause nicht wirklich vorbereitet, mit Ausnahme eines Films, weil ich ohne voreingenommene Meinung dort hin wollte, um mir ein Bild zu machen.

(Red.): Toll, dass euch die Vorbereitung etwas gebracht hat und Du trotzdem unvoreingenommen bleiben konntest. …und dann ging es los. Ihr seid ja zusammen mit Martin Röttger und Soen-Hee Lee, deiner Mutter, Zion, abgereist. Was war das erste – eure ersten Eindrücke?

(ZP): Bis zu dem Zeitpunkt, als wir in Malawi angekommen sind, war es eigentlich nicht richtig real, erst als wir aus dem Flieger ausgestiegen sind und die anderen da standen, habe ich begriffen was los war…

(OT): … und dann sind wir zuerst mit den anderen vom deutschen Team und den Koordinatoren an den See (Malawi-See Anm. d. Red.) gefahren, wo wir eine Woche lang ein Seminar hatten. Nachdem wir dann in Nkhoma waren und das erste Team (Anm. d. Red.: Esther Chung, Grazyna Kryczkowski, Florian Barth) abgereist war, haben wir Kontakte geknüpft, um unsere Unterkunft und die Praktika zu organisieren. Wir haben uns entschieden bei den Gondues, einer Malawischen Familie, zu bleiben und das war auf jeden Fall unserer Meinung nach das Richtige, weil wir damit auch einen direkten Kontakt zu der Malawischen Kultur und den Menschen hatten.

(ZP): Ja, denn normalerweise sind die Ausländer oder Besucher, die nach Nkhoma kommen, getrennt von den Einheimischen, und bleiben in den Einrichtungen, die extra für die „weißen“ Menschen (lacht) sind und haben so keinen direkten Kontakt zu den Menschen.

(Red.): Und wie ging es dann für euch weiter als auch Martin Röttger und Seon-Hee Lee wieder nach Hause geflogen sind. Dann wart ihr ja das erste Mal auf euch alleine gestellt.

(ZP): Ja, aber als meine Mutter noch da war, hatten wir ja geklärt, was wir die nächsten Monate machen werden. Und im ersten Monat sind wir zur Ebenezer-Schule (Anm. d. Red.: Grundschule) gegangen und haben dort mitgeholfen, teilweise auch gelehrt. Wir waren dort als Praktikanten, konnten aber mehr machen als normale Praktikanten. Wir haben auch unterrichtet und die volle Erfahrung als Lehrer gemacht.

(OT): Ja und ich möchte hinzufügen, dass die zwei Monate in der Ebenezer Grundschule eine tolle Erfahrung waren, weil man mit den Kindern nochmal ganz anders in Kontakt steht als mit Gleichaltrigen oder Älteren. Und die Kinder haben uns auch viel beigebracht, es war also nicht so, dass nur wir ihnen etwas beigebracht haben, sondern wir haben Wörter auf Chichewa oder kulturelle Sachen gelernt.

(Red.): … und wart ihr immer gemeinsam unterwegs oder jeder für sich?

(OT): Oft waren wir gemeinsam unterwegs, aber aufgrund des akuten Lehrermangels musste auch jeder von uns eine eigene Klasse mit 30-40 Kindern unterrichten.  Das war dann schon eine gute Erfahrung.

(ZP): Ja und wir haben von der Vorschulklasse bis zur siebten Klasse alle Altersstufen zeitweise unterrichtet in fast allem: Englisch, Mathe, Sport, Musik, Religionslehre, Computer, Sozialkunde. Wir haben uns sehr wohl gefühlt. Von den Lehrerkollegen wurden wir freundlich willkommen geheißen und positiv aufgenommen.

(OT): Gut war auch, dass Chifundo (Anm. d. Red. Einer der Koordinatoren bei Alinafe) als Lehrer an der Schule arbeitet. Er hat uns herumgeführt und uns alles gezeigt. Aber auch mit den anderen Kollegen hat es gut geklappt zumal die meisten nicht viel älter als wir sind. Das hat es einfacher gemacht, sich in das Schulsystem einzufügen.

(Red.): Und wie lief das mit den Lehrplänen? Woher wusstet Ihr, was ihr unterrichten müsst?

(OT): Also für jede Jahrgangsstufe gibt es in jedem Fach ein Lehrbuch, was die wichtigsten Richtlinien und Inhalte für den Unterricht setzt und daran hangeln sich die Lehrer entlang ,um für das Schuljahr eine gewisse Struktur zu haben.

(Red.): Und ihr habt euch dann nachmittags für den Folgetag vorbereitet?

(ZP): Nö, wir konnten einfach in die Klasse gehen und abchecken, welches Thema die gerade haben und dann konnten wir direkt unterrichten. 

(OT): Das Problem war häufig, dass wir morgens in die Schule kamen und irgendwelche Lehrer nicht da waren, und dann wussten wir erst, dass wir einspringen mussten. Da konnten wir nur spontan die entsprechenden Seiten aus dem Buch mit den Schülern durchgehen, oder manches Wiederholen bzw. eigene Aufgaben stellen.

(Red.): Boah, da seid ihr ja komplett ins kalte Wasser geschmissen worden. Und das waren die ersten beiden Monate. Wie ging es dann weiter?

… Fortsetzung folgt. Lesen Sie den nächsten Teil des Interviews im kommenden Gemeindebrief. Die Fragen für die Redaktion stellte Florian Barth)